Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser

Aus ff 10 vom Donnerstag, den 05. März 2020

Hospitant ­Alexander van Gerven mit Hannes Goetsch
Unterwegs im ­Vinsch­gau: ff-Hospitant ­Alexander van Gerven mit Hannes Goetsch im Gründer­zentrum auf dem ­Kasernengelände in Schlanders. Vor circa einem Jahr berichtete ff über die Anfänge, jetzt können Sie nachlesen, was ­daraus geworden ist. © Alexander Alber
 

Ob beim Arzt, an der Supermarkt-Kasse, am Bahnhof oder auf der Straße: Kaum etwas nervt uns mehr, als sich gedulden zu müssen. Dabei verspricht eine Warteschlange ja eigentlich so etwas wie Gerechtigkeit: Die Zeit eines jeden ist hier dasselbe wert. Nun, in kapitalistischen Zeiten wie diesen wird dieses Prinzip schon mal ausgehöhlt. Privatmedizin, Businessclass – vom Warten kann man sich ein Stück weit auch freikaufen. Warten heißt für viele vor allem eines: Zeit zu verlieren.

Wer auf Südtirols Straßen unterwegs ist, kann ein Lied davon singen. Ob auf der Brennerautobahn, der Pustertaler oder der Vinschger Straße oder oder oder. Wenn es um die Mobilität im Land geht, werden wir oft unfreiwillig zur Passivität gezwungen. Vor allem den Schwerverkehr auf der Autobahn kriegt die Politik einfach nicht in den Griff. Viele schöne Worte, aber wenig Konkretes.

Andrej Werth berichtet in der aktuellen Titelgeschichte über die Ideen- und teils auch Hilflosigkeit der Politiker. Dafür hat er sich unter anderem auch auf den Beifahrersitz eines LKW-Fahrers gesetzt und ihn ein Stück auf der Fahrt begleitet (ab Seite 14).

Geduld statt Panik ist auch beim Thema Coronavirus angebracht. Vieles, was dieses Virus betrifft, ist unklar. Und trotz der beschwichtigenden Worte der politisch Verantwortlichen ist da diese Ungewissheit, diese Unsicherheit, die viele empfinden. Vielen Menschen macht das Virus auch Angst. Viele handeln irrational. Was dahintersteckt, erläutert der Psychiater Roger Pycha im Interview mit Georg Mair (ab Seite 32).

Mit Geduld hat im weitesten Sinne auch unser aktuelles Porträt zu tun. Gottfried Hochgruber ist ein bekannter Kräuterexperte. Im Leben davor war er Tischler, dann hat er studiert, was für Kraft in den Kräutern liegt, heute hält er Vorträge über das richtige Kraut in jeder Lebenslage. Hunderte Essenzen lagern auf seinem Hof, viele Menschen erhoffen sich Hilfe. Eine Arbeit, die Geduld erfordert, über Jahre hat sich der Pusterer das alte Wissen angeeignet. „Die Natur“, so Hochgruber, „verleiht uns Kraft, sie stärkt unsere Psyche, erweitert unseren Horizont.“ (ab Seite 48).

Und für die Ungeduldigen unter Ihnen noch ein japanisches Sprichwort zum Schluss: Die Geduld nicht verlieren, auch wenn es unmöglich scheint, das ist Geduld.

Wir wünschen Ihnen eine anregende ff-Lektüre

weitere Bilder

  • Georg Mair mit Gottfried Hochgruber

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