Mit einem kleinen Taumel hat doch schon vieles begonnen, denke ich mir. Ich war vom Sitzball meines Homeoffice gefallen.
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser
Aus ff 18 vom Donnerstag, den 30. April 2020
Für viele ist Albert Camus’ Klassiker „Die Pest“ (1947) das Buch der Stunde. Zu Beginn der Coronakrise musste es in Europa sogar zum dritten Mal nachgedruckt werden. Natürlich sind Pest und Corona nicht dasselbe, trotzdem gibt es viele Parallelen: Der Alltag der Einwohner von Oran wird plötzlich auf den Kopf gestellt, als eine Seuche hereinbricht, mit der niemand gerechnet hatte. Zunächst spottet die Bevölkerung über die Maßnahmen der Behörden, die einen wiegeln ab, die anderen versuchen, aus der Situation Kapital zu schlagen, wiederum andere verfallen in Schockstarre. Und dann gibt es die Kümmerer, die ihre Ängste überwinden und helfen. Wenn man mit Arno Kompatscher in diesen Tagen und Wochen redet, dann kommt er immer wieder einmal auf dieses Buch zu sprechen. Er findet darin viel Ähnliches zur aktuellen Krise. Noch ist nicht ausgemacht, ob diese mehr eine Chance ist für den Landeshauptmann oder eine Gefahr. Kann Kompatscher Krise? Eine Frage, die wir im politischen Porträt ab Seite 12 beantworten.
„Es ist sehr anstrengend, verpestet zu sein. Aber es ist noch anstrengender, es nicht sein zu wollen.“ Das lässt Albert Camus seine Hauptfigur, den Arzt Bernard Rieux, gegen Ende des Buches sagen. „Deswegen sind alle müde, weil heute alle ein wenig verpestet sind.“ Eine Krise ist anstrengend, für alle. Insbesondere aber für viele Frauen, Familien und Kinder. Kindergarten und Schulen bleiben bis Herbst geschlossen, jetzt werden verzweifelt Lösungen für die Betreuung gesucht. Gleichzeitig ist diese Krise ein Rückschlag für die Gleichberechtigung von Frauen; auch von den ökonomischen Folgen der Krise sind Frauen besonders stark betroffen. Ein komplexes und wichtiges Thema, das wir in unserer Titelgeschichte analysieren und diskutieren – ab
Seite 22.
Eine virusfreie Zone gibt es auch in dieser Ausgabe: eine Kulturgeschichte ab Seite 54 und ein Porträt ab Seite 58.
Albert Camus ruft in seinem Werk zur Solidarität auf, Bescheidenheit und Nächstenliebe. Tugenden, mit denen sich eine Krise durchstehen lässt – auch wenn sie länger dauert.
Wir wünschen Ihnen eine anregende ff-Lektüre
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