Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser

Aus ff 21 vom Donnerstag, den 21. Mai 2020

Theresienwiese in München
Demonstrationen gegen Corona-Beschränkungen: In mehreren europäischen Städten haben am vergangenen Wochenende Tausende Menschen protestiert – darunter auch viele Verschwörungs­theoretiker. Im Bild di­e Demo auf der Theresienwiese in München. © APA/dpa/Felix Hörhager
 

Es schwirrt seit einiger Zeit ein neues Wort herum. Es heißt „Infodemie“ und ist ein interessantes Phänomen in Corona-Zeiten. Gemeint ist damit eine Flut an Gerüchten, eine Überschwemmung an Falschinformationen. Die Infodemie ist nicht weniger gefährlich als die Pandemie, sie birgt ihre ganz eigenen Gefahren. Denn wenn Verschwörungstheorien Millionen von Menschen erreichen, verlernen diese irgendwann, Gerüchte, Lügen und Wahrheit auseinanderzuhalten. Dass in Krisenzeiten solche Verschwörungsmythen besonders gerne aufpoppen, liegt auf der Hand: Sie liefern nicht nur einfache Antworten auf komplexe Fragen, sondern auch eindeutig identifizierbare Feinde. Ganz abgesehen davon, sind Verschwörungstheorien immer auch ein Geschäftsmodell. Ab Seite 16 schildern wir Ihnen die gängigsten Mythen, erklären, wie man diese entlarven kann und was man tun kann, wenn Freunde derlei Theorien verbreiten.

Eine Frage, die sich viele immer öfter stellen, ist: Welches Land hat die effektivste Strategie im Umgang mit der Coronapandemie gefunden? Viele nennen hier Neuseeland, das selbst von sich behauptet, das Virus besiegt zu haben. Bereits im März hatte die Premierministerin dort auf flächendeckende Tests gesetzt, da gab es im Land gerade einmal 52 Infizierte. Tests, darin scheinen sich alle einig, sind entscheidend, um die Pandemie zu bekämpfen. Vor allem jetzt, in Phase 2. Auch Südtirol setzt darauf, wenngleich eine differenzierte Teststrategie noch nicht auszumachen ist. Ohne Tests agiert die Politik im Blindflug – lesen Sie mehr darüber in unserer Titelgeschichte ab Seite 20.

Was nach der Krise anders bleiben wird? In den nächsten Wochen werden ff-Redakteure berichten, wie es den Leuten in der neuen Normalität ergeht und wie es im Land in der Phase 2 zugeht. Den Anfang macht Andrej Werth: Er ist mit dem Zug auf den Brenner gefahren und hat sich seinen eigenen Weg über die Grenze gebahnt (ab Seite 30).

In eigener Sache: Aufgrund einer Textkürzung ist es im Interview mit dem Immunologen Bernd Gänsbacher in ff 19/2020 zu einer missverständlichen Formulierung gekommen: Der Test von Screen Italia wurde daraufhin geprüft, ob er auf Antikörper gegen Influenza A/B, RSV, Adenoviren, HBSAG, Syphilis, H. Pylorus, HIV, und HCV anschlägt. Nicht getestet wurde, ob er auf Antikörper gegen Corona-Erkältungsviren, die dem gefährlichen Coronavirus sehr ähnlich sind, kreuzreagiert. Etwa 90 Prozent der Menschen haben solche Antikörper im Blut. Mit solch einer Qualitätslücke würde dieser Test nie von den Behörden FDA oder EMA zugelassen werden. „Daher“, sagt Gänsbacher, „gilt der Grundsatz: Besser keinen Test machen als einen schlechten, der fehlerhaft informiert.“ Wir bedauern den
Fehler.

Wir wünschen Ihnen eine anregende ff-Lektüre

Leserkommentare

Kommentieren

Sie müssen sich anmelden um zu kommentieren.