Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser,

Aus ff 46 vom Donnerstag, den 18. November 2021

Jürgen Wirth ­Anderlan
Jürgen Wirth ­Anderlan pflegt das Image des System­verweigerers, des Querkopfs ­mindestens genauso penibel wie seinen ­langen Bart: Andrej Werth hat den ehemaligen Schützen­kommandanten in Kaltern besucht. © Ludwig Thalheimer
 

die Corona-Infektionszahlen galoppieren davon, die Situation in Südtirols Krankenhäusern ist angespannt – Operationen werden aufgeschoben, Pfleger und Betten werden von Abteilungen abgezogen, weil sie für die Covid-Stationen gebraucht werden. Einigen kommt dieses Szenario bekannt vor, Erinnerungen an vergangenes Jahr werden wach. Südtirol steuert in die vierte Welle, die Pandemie ist alles andere als vorbei. Die entscheidenden Unterschiede zum Herbst 2020: Es gibt eine Impfung, es gibt weniger Pflegekräfte und Sozialbetreuer und: Diese Welle ist sehr viel politischer.

Andrej Werth und Matthias Fleischmann haben das Thema aufgegriffen und sich auf die Suche nach Antworten gemacht: Warum lassen sich zum Beispiel die Passeirer so ungern impfen? Was ist da los in diesem Tal? Wer profitiert von dem Widerstand gegen die Impfung? Fleischmann war zwei Tage im Passeiertal unterwegs, hat sich mit vielen Menschen dort unterhalten, war im Andreas-Hofer-Museum. Der Hofer war auch ein Impfgegner, das wird jedenfalls gerne behauptet. Die Bayern haben 1807 in Tirol die Pockenimpfung zur Pflicht gemacht, die Tiroler rebellierten. Ob Andreas Hofer selbst ein Impfgegner war, lässt sich anhand der zeitgenössischen Quellen allerdings nicht belegen. Werth wiederum hat sich unter die Demonstranten auf dem Silvius-­Magnago-Platz in Bozen gemischt, sich mit dem ehemaligen Schützen-Kommandanten Jürgen Wirth-Anderlan getroffen. Er fragt: Wer sind die Südtiroler Köpfe, die aus der Pandemie politisches Kapital schlagen könnten? Die gesamte Titelgeschichte können Sie ab Seite 20 lesen.

Das Kontrastprogramm zur Pandemie: Zum Beispiel die Geschichte von Markus Larcher über die sogenannte Entomophagie: Insekten essen. Was heute vor allem in Asien und Afrika üblich ist, fasst auch in Südtirol langsam Fuß. Larcher hat sich in der Szene umgeschaut, auch einer Insektenverkostung hat er beigewohnt. Zur Vorspeise gab es: ein Mehlwurm-Topinambur-Tatar, der krönende Abschluss: ein Nusstörtchen samt Mehlwurmeis und Crumble. Larcher selbst hatte Mühe, sich zu überwinden, er beschränkte sich auf das Beobachten. Für die Zukunft will er das ändern, denn: „Insektenfood ist nicht nur ressourcenschonend, sondern kann, gut zubereitet, wirklich schmecken.“ So sagten es jedenfalls die Teilnehmer der Degustation (ab Seite 42).

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