Flaneid

Die Offenheit der Gastronomie

Aus ff 05 vom Donnerstag, den 04. Februar 2021

Vor allem die Jugend machte mit ihren ansteckenden Partys Sorgen. Die Flaneider ersannen einen Trick, um sie zum Test zu treiben.

Und, kein Kopfweh?“, fragte Wirt Coelestin Unterganzner, als er Max Minder, dem Obmann der regierenden Bürgerliste Harpf, sein Glas hinstellte. Das Gasthaus hatte coronamäßig wieder geschlossen, aber für die Wichtigsten im Dorf die Hintertür offen gelassen. Wäre es ganz zugeblieben, hätten sie sich halt im Rathaus oder virtuell zusammengerottet – ohne ihn. „Nein“, antwortete Minder verwundert auf die eingangs gestellte Frage.

„Wirklich kein Kopfweh?“, hakte Unterganzner nochmal nach. „Nein, überhaupt keine Symptome“, bekräftigte Minder. „Ich meine wegen der Regierung in Rom, die wir derzeit nicht haben“, schob der Wirt eine Erklärung nach. „Ach so“, dämmerte es Minder jetzt, „ja, dann werd’ ich wohl ein paar Telefonate machen müssen.“ Flaneid wurde von vier autochthonen Bürgerlisten regiert, da man sich von einer Partei mit Sitz in Bozen nicht dreinreden lassen wollte. Es gab aber ein Abkommen für über-gemeindliche Anliegen, wonach Flaneid da immer die SVP unterstützte, sich dafür aber auch etwas einhandelte. „Was könnten wir brauchen?“, fragte Minder. „Keine Regierung, zum Beispiel“, antwortete Unterganzner, „so kann man in Ruhe arbeiten.“

Der Wirt war wegen der Coronastrategien der Regierungen auf Staats- und Landesebene sauer. Sie klangen zwar durchdacht („ab und zu auf und zu“), brachten aber nicht das, was er brauchte. „Gehören täte jetzt eine ordentliche Kundgebung gegen diese Einschränkungen“, entfuhr es seinem Ärger.

„Spinnst du?“, fuhr Olga Klotz, die regierende Vizebürgermeisterin, dazwischen. „Da kommen nur die Jugendlichen, diese Virenschleudern, denen alles egal ist.“ Im ganzen Land war es inzwischen klar: Die Jugend steckte mit dem Virus unter einer Decke. Und musste gemaßregelt werden. „Wenn wir heute so über die Jugend reden, dann kriegen wir das später einmal zurück“, warnte Sozialassessorin Milli Minder, „dann sitzen wir im Altersheim und kriegen keine Impfung. Besser, wir machen ein bisschen Lockdown und einen Massentest. Dann sperren wir die Infizierten weg und haben bessere Zahlen.“ „Das Problem ist, dass sich die Jugendlichen auch nicht testen lassen wollen“, wandte Klotz ein, „wenn sie in Quarantäne müssen, können sie nicht feiern.“

„Wir treiben sie euch zu“, bot Schützenhauptmann Karl Treffer militärische Hilfe an, „ihr müsst nur schauen, dass in dem Fall keine Vormerkung nötig ist.“ Milli Minder war dagegen, wegen der Langzeitfolgen, die weder bei Corona noch in der Politik abschätzbar waren. Klotz rief -Bürgermeister Daniel Grüner an, der sich daheim vor dem Virus versteckte: „Wir bräuchten eine Verordnung mit speziellen Maßnahmen auf Gemeindeebene.“

Nach ein paar Minuten rief Grüner zurück: „Wer sich nicht testen lässt, darf zu keiner Vereinsveranstaltung mehr.“ „Sind ja alle verboten“, lehnte Milli Minder den Vorschlag ab. „Wer nicht getestet ist, darf nicht zur Messe“, versuchte es Grüner erneut. „Da werden sich die Jungen aber fürchten“, spottete Klotz.

„Wir brauchen einen Anreiz“, bekam Max Minder schließlich einen Einfall, „das werde ich mit Bozen und Rom aushandeln: Wir halten am Testsonntag die Gasthäuser offen, aber herein darf nur, wer einen negativen Testbescheid hat!“ Der Vorschlag wurde mit einer Lokalrunde auf Kosten des Hauses gefeiert. Der Bürgermeister bekam den Auftrag, mit der Sanität das Kleingedruckte auszumachen.

Die ausgelassene Freudenfeier im -Unterganzner, die sich noch Stunden hinzog, wurde durch den Anruf des Bürgermeisters unterbrochen: „Es sind diesmal PCR-Tests, die sind zuverlässiger.“ „Prima“, freute sich Unterganzner. „Nicht prima“, antwortete Grüner, „das Ergebnis kriegt man erst am nächsten Tag. Wenn du wieder zu hast.“

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