Leserbriefe

Der Nerv der Zeit

Aus ff 44 vom Donnerstag, den 29. Oktober 2020

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ff 43/2020 über die Umrüstung der Biogas Wipptal auf Bio-LNG

Matthias Baldo, Tramin:

Es brauchte nach jahrelanger Stille wohl die neuen Gesellschafter Fercam & Co., damit Medien wieder das Interesse aufbringen, um über das Pfitscher Unternehmen zu berichten. Was viele nicht wissen, ist, dass sich der Biogas Wipptal GmbH nicht nur Industrieunternehmen angeschlossen haben, sondern seit einiger Zeit auch junge Leute wie ich, welche der „grünen Absicht“ des Unternehmens sehr wohl etwas abgewinnen können und es mit Rat und Tat unterstützen.

Dass die roten Zahlen des Unternehmens und die Figur Josef Mayr gerne als Aufmacher für Negativschlagzeilen hergenommen werden, ist uns bekannt. Mit einer gewissen Selbstkritik müssen wir auch Ihr Argument zu den Großvieheinheiten einzelner Mitglieder hinnehmen. Ein Problem, welches aber eine Vielzahl von Milchbauern betrifft und sich nicht nur auf die Mitglieder der Biogas Wipptal beschränkt. Was mich aber irritiert, ist, dass Sie fossiles LNG mit Bio-LNG vergleichen und damit wohl die Gesellschaft über einen bereits seit Langem wissenschaftlich belegten Sachverhalt falsch informieren. Hierzu sende ich Ihnen gerne im Anhang die Shell-Studie, die sich in Zusammenarbeit mit dem DLR und der technischen Universität Hamburg diesem Thema bereits vor einiger Zeit gewidmet hat und international von Experten anerkannt wird. Seite 72 zeigt Ihnen auf, dass Sie in Ihrem Artikel von falschen Tatsachen ausgegangen sind. Dazu möchte ich erwähnen, dass fossiles LNG mehrheitlich aus den Emiraten als Nebenprodukt der Erdölförderung stammt und mit Tankschiffen nach Barcelona transportiert wird, um anschließend u.a. von Herrn Padovani mit dem Zug nach Verona befördert zu werden und dann per LKW nach Sterzing zu gelangen. Cryogene Transporte von Flüssigkeiten werden anders als normale Warentransporte nur one-way praktiziert, denn Sie fahren fast ausschließlich leer an Ihren Ausgangspunkt zurück.

Die Frage, ob lokal hergestelltes Bio-LNG, welches gänzlich ohne Transport direkt an der Tankstelle bezogen werden kann, nachhaltiger als fossiles LNG aus den Emiraten ist, sollte damit wohl beantwortet sein.

Ein weiterer Punkt ist die Wasserstoffproduktion. Hier ist es immer wieder verblüffend, wie Wasserstoff in der Gesellschaft wahrgenommen wird. Wasserstoff tritt in seiner puren Form in der Natur nicht auf, sondern muss erst mit hohem Energieaufwand oder chemischen Prozessen „Power to X Verfahren“, hergestellt werden. Wasserstoff ist nur so sauber/grün wie der Strom, aus dem es gewonnen wird. In Südtirol den Strom für Wasserkraft für dieses Unterfangen zu nutzen, ist durchaus eine Variante. Dann muss aber auch die Frage gestellt werden, wem der Grüne Strom aus Wasserkraft dafür abhandenkommt. Hier ist es wichtig, einen Schritt weiter denken, als bloß die Produktion von Wasserstoff in den Vordergrund zu stellen.

Ergänzend zu Ihrem Artikel möchte ich erwähnen, dass das Unternehmen Biogas Wipptal GmbH bereits die Vorbereitung zur zukünftigen Erweiterung der Verflüssigungsanlagen zur Wasserstoffproduktion trifft.

Ich verstehe in Ihrem Artikel nicht, warum Sie dem Unternehmen Biogas Wipptal offensichtlich schaden wollen, und frage mich, was dazu geführt hat, dass Sie dem Projekt gegenüber derartig negativ gestimmt sind. Ich persönlich führe ein kleines Trockeneisproduktionsunternehmen und kaufe rund 500 Tonnen flüssiges CO2 für unsere Kunden in der Südtiroler Lebensmittelproduktion und Weinwirtschaft mangels Alternativen aus Ungarn ein. Ich kann nicht verstehen, was daran falsch sein soll, wenn man Treibhausgase vor Ort einfängt und zur weiteren Verwendung verarbeitet, anstatt sie ungehindert in die Atmosphäre zu blasen, so wie es rund 1.400 Biogasanlagen in Italien und weitere 2.200 Biogasanlagen in Deutschland derzeit machen.

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