Leserbriefe

Abschied von einer Illusion

Aus ff 17 vom Donnerstag, den 28. April 2022

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Gewalt ist keine Lösung. Stimmt das? Essay von Ulrich Ladurner in ff 15/22

Wer im Jahr 1992 den Ausbruch des Krieges in Bosnien mitverfolgt hat, hat dieses Ereignis immer noch vor Augen und wird auch die Schwerverbrechen gegen jede Menschlichkeit in den Folgejahren – genannt seien hier die Orte Srebrenica, Goražde, Mostar und Bihać – für immer vor Augen haben.

Was auch unvergesslich bleiben wird, ist die Tatsache, dass Mächte von Weltbedeutung bei Gesprächen und Verhandlungen einmal der einen, einmal der anderen Seite recht gaben. Ganz unweigerlich entstand dabei der Eindruck, dass in Wirklichkeit niemand den Frieden wollte.

Als im Jahr 2014 Russland die Halbinsel Krim annektierte, war dies für den Rest der Welt kein Anlass zu ernsthaften Reaktionen. Genauso wie praktisch jeder Protest ausblieb, nachdem im Frühjahr 1938 Hitler-Deutschland den „Anschluss“ Österreichs vollzog. Wozu das Zuschauen, die irrige Meinung, ein Diktator würde sich irgendwann beruhigen, wenn man ihm freie Bahn ließe, geführt hat, wissen wir.

Damals hat man es versäumt, einem Diktator Grenzen zu setzen, und wie es aussieht, hat man nichts aus der Geschichte gelernt. Ablehnung von Gewalt ist eine positive Haltung, jedoch ist passives Zuschauen eine Fehlinterpretation: Das Ablehnen von Gewalt kann es doch nicht sein, wenn man untätig zusieht, wenn jemand Gewalt anwendet.

Georg Lezuo, Bozen

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