Leserbriefe

Klimawandel im Winterschlaf

Aus ff 39 vom Donnerstag, den 29. September 2022

Zitat Leserbrief
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Leserbrief zum ff-Sommer­gespräch mit Dolomiti-­Superski-Präsident Andy Varallo (ff 37/202022)

Zeile um Zeile des Interviews mit Andy Varallo fühlte ich mich tiefer und tiefer hineinversetzt in eine schwarze Satire à la „Don’t Look Up!“ Im Film wird die Erde von einem Kometen bedroht, Wissenschaftler warnen und werden nicht gehört: eine Allegorie auf den Klimawandel. Die Menschheit wird am Ende zerstört, trotzdem gab es unterwegs einiges zu lachen, schlussendlich wusste man aber doch nicht, ob man nicht lieber heulen sollte. Die Schlüsselfigur, die das Geschehen ungeschickt in Richtung Zerstörung lenkt: der Wirtschaftsmagnat. Der myopische Blick aufs Geschäft von Herrn Varallo erinnert auf unheimliche Weise an diese skurrile Figur im Film. Ein absurder Optimismus, der von faktischen Fehlern zehrt, und, wenn konfrontiert mit all den Weltuntergangsprognosen, die doch so schlecht fürs Geschäft sind, zur ultima ratio gelangt: Der Klimawandel würde sich im Sommer stärker als im Winter äußern; dann nämlich hätte man bisher konstante Temperatur- und Schneeverhältnisse gemessen. Der Klimawandel im Winterschlaf also? Und für die kommenden zwei Generationen sei er sowieso kein Problem, so Varallo. Natürlich ist Herr Varallo nicht verantwortlich für die Zerstörung des Planeten, so viel Macht besitzt eine Person nicht. Er möchte schlicht als junger Wirtschaftstreibender der alten Schule die Skipisten vergrößern (natürlich nur das Wohl der Skifahrenden im Sinn) und möglichst Touristen von der anderen Seite des Atlantiks in die Dolomiten holen (Europa bietet wohl zu wenig kaufkräftige Skifahrer, dabei sind unsere Straßen schon so sehr von Blechlawinen verschüttet, dass die Menschen in Gossensaß auf die Straße gehen, im Protest). Die Zukunft, die Varallo uns verspricht, ist eine Seifenblasenoper. Man tut sich schwer, Varallos heitere Ausblicke auf unsere gemeinsame Zukunft nachzuvollziehen oder in Worte zu fassen –‚ vielleicht trifft es Galgenoptimismus?

David Hofmann, Mauls

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