Leserbriefe

80 Jahre SVP

 

Was passiert, wenn im Land immer nur eine Partei regiert

80 Jahre SVP: Es gibt wenig zu feiern! Südtirol ist die ­perfekte Kulisse für den ­Exodus. 14.000 junge ­Menschen haben das Land seit 2011 verlassen. Für jeden, der kommt, gehen fünf.
Man könnte es „demografische Eleganz“ nennen, eine Region, die sich selbst schleichend entkernt, während die Fassaden weiter glänzen. Bis 2040 werden so 15 Prozent der Erwerbstätigen fehlen. Nicht nur Arbeitskräfte, sondern jene Generation, die Ideen einbringt, Unternehmen gründet, Pflege leistet. Aber anstatt die tektonische Verschiebung zu ­erkennen, veranstaltet die Politik Symposien, verteilt Broschüren und verkauft kosmetische Förderprogramme als Heilmittel.
Die Rezepte sind weder neu noch geheimnisvoll: leistbares Wohnen, faire Gehälter, Arbeitsmodelle, die mehr sind als ein Echo aus den 1990ern. Doch in einem ­System, das Stillstand für Stabilität hält, bleibt jede Reform eine rhetorische Übung.
So wird Südtirol zur Bühne für Selfie-Touristen, perfekt inszeniert, fotogen. Und wenn der Exodus ­vollendet ist, bleibt ein Land wie gemalt, nur ohne die­jenigen, die es lebendig gemacht haben.
Wo Macht dauerhaft ­konzentriert ist, entstehen Netzwerke: Posten, Aufträge, Einfluss, nicht nach Kompetenz, sondern nach Nähe. Klientelismus wird zur heimlichen Infrastruktur. Wer gestalten will, lernt: ­Beziehungen schlagen Ideen!
Für die SVP ist Macht kein Mandat mehr, sondern eine Selbstverständlichkeit. Die Opposition ist nicht Regierung in Wartestellung, sondern Dauerstatist: Ohne Aussicht auf Macht bleibt Kritik folgenlos. Die Wähler lernen: Opposition ist nett, aber irrelevant. Wenn Alternativen keine Chance haben, schrumpft das Bedürfnis, sie zu entwickeln. Bürger gewöhnen sich an Verwaltung statt Vision.
Eine Partei, die 80 Jahre regiert, erzeugt eine Struktur, in der Macht nicht mehr um Legitimation kämpft, sondern sie besitzt. Das Ergebnis? Ein Land, das nur bewahrt, aber nicht gestaltet, in dem politische Kreativität verdorrt und Reformen nur dann kommen, wenn sie nicht wehtun, ein Land, das sich den Stillstand schön­redet, während ihm leise die Zukunft davonläuft.
Florian Leimgruber, Sand in Taufers

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