Leserbriefe

Politik der Verdrängung

Aus ff 40 vom Donnerstag, den 02. Oktober 2025

Menschlichkeit bleibt auf der Strecke: Warum vertreibt die Stadt Bozen Obdachlose?

„Im Zentrum von Bozen, im Herzen aller“, mit diesem Slogan bewirbt Waltherpark sein „Meisterwerk“, das Designmonstrum, mit dem Bozen dem Degrado die Stirn bieten soll.
In der Stadtregierung sucht man dieses Herz vergeblich. Das Gespann Corrarati/Caruso/Konder säubert Bozen von allem, was nicht ins Glanzbild passt – und das mit einem menschenverachtenden, zynischen Vokabular, dass es einem kalt über den Rücken läuft.
Täglich sollen nun die Räumungen von Obdachlosenlagern an den Fluss­ufern stattfinden. Schon bisher wurden Zelte regelmäßig entfernt, doch nun soll dieses Vorgehen zur ­Normalität werden. Die Zelte mögen ­verschwinden – die ­Menschen jedoch bleiben, mit all ihrer Verzweiflung im Kampf ums Überleben.
Ebenso beschämend ist das endlose Hin- und Herschieben von Zuständigkeiten bei der Frage von gerade einmal 20 zusätzlichen Betten in den Winternot­unterkünften. Diese Passivität ist ein Armutszeugnis.
Ich frage mich ernsthaft: Wer übernimmt die Verantwortung, wenn dabei wieder jemand in der Kälte stirbt?
Stattdessen setzt die Stadt auf Symbolpolitik: Die Polizei soll mit Tasern ausgestattet werden – obwohl bekannt ist, dass diese Waffen tödlich sein können. Erst diesen Sommer haben drei Menschen in Italien nach einem Taser-Einsatz ihr Leben verloren.
Durch all diese Entscheidungen zieht sich ein roter Faden: eine Politik der Verdrängung, der Abschreckung und der Machtdemonstration – die Menschlichkeit bleibt auf der Strecke.
Heidi Brugger, Bozen

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